DIE BASTIONSFESTUNG „ALBA CAROLINA”
COD LMI: AB-II-a-A-00088
1714 - 1739
Allgemeine Merkmale
Anfang des 18. Jahrhunderts, dank der Initiative und mit der Unterstützung der habsburgischen Verwaltungseinrichtungen erbaut (1715-1738), wurde die Bastionsfestung in Karlsburg die stärkste Befestigungsanlage im Rahmen eines komplexen Systems gegen die Türkeneinfälle sowie zur Festigung der Herrschaft über die eroberten Gebiete.
Auf dem Standort einer älteren Befestigungsanlage gebaut (die römische Festung der 13. Legion Gemina und die rechteckige mittelalterliche Burg), bewährte sich die neue Bastionsfestung durch das große Ausmaß und die Vielschichtigkeit ihrer Abwehrsysteme, zu denen der Reichtum und die Einzigartigkeit der plastischen Inneneinrichtung hinzukamen.
Auf ein Projekt des italienischen Architekten Giovanni Morando Visconti basierend wurde die Karlsburger Bastionsfestung gemäß den neuesten Prinzipien des Festungsbaus – dem Vauban-System – als ein unregelmäßiges Heptagon erbaut, wobei die Abwehrelemente sukzessiv und abgestuft eingebaut waren, von Innen nach Außen. Die Anlage umfasst eine Innenanlage, die von drei Mauerreihen umschlossen wird, die über Bastionen, Ravelinen, weite und tiefe Gräben sowie Zufahrtstore und Kasernen für die Unterbringung der Truppen verfügen.
Das Arbeitsvolumen erwies sich als beeindruckend groß. Es umfasste die Einrichtung einer Terrasse, den Abriss der Stadt und der mittelalterlichen Festung, wonach sich die neue Bastionsfestung über eine etwas mehr als 70 Hektar große Fläche erstreckte bei einer Gesamtlänge der Mauern von über 12 Kilometern.
Die Festung wurde mit einem eigenen Kanalisationssystem versehen, einer in der Capistrano-Bastei gebauten Mühle, mehreren tiefen Brunnen für die Wasserversorgung, zwei Pulverhäusern, Lebensmittel-, Futter- und Materiallagern, Werkstätten und anderen Anbauten zur Befriedigung der Bedürfnisse der rund 10.000 Soldaten zu Kriegszeiten.
Der Bau des Bastionsfestung erforderte einen übermäßigen materiellen und menschlichen Aufwand an dem sich, außer den Verwaltungseinrichtungen und den Fachleuten, auch über 20.000 rumänische Bauern beteiligten. Die Festung war eine ständig in Betrieb befindliche Baustelle, wobei die Elemente des weitläufigen Militärkomplexes in Etappen erbaut wurden, ohne dass ihre Fertigstellung je erreicht werden konnte. Nichtsdestotrotz betrugen die Kosten mit der Errichtung der Festung rund 2.000.000 Gulden.
Von der neuen geschichtlichen Wirklichkeit sowie den Taktiken und Strategien morderner Kriegsführung überholt, gelang es der Karlsburger Festung nicht, ihre Rolle als „Bastei" im Kampf gegen die Türken zu erfüllen. Die einzigen nennenswerten Ereignisse, die mit ihrer Geschichte in Verbindung gebract werden können sind der Aufstand des Horea (1784-1785) und die Siebenbürgische Revolution (1848-1849).
DIE TORE DER FESTUNG
1. DAS ERSTE TOR DER FESTUNG.
Es befindet sich an der östlichen Extremität der Anlage und ist als Triumphbogen mit drei Öffnungen gebaut. Über dem Architrav säumen die Statuen der Venus und Mars das Wappen des Österreichischen Kaiserhauses. An den Enden befinden sich zwei Bombarden in Schussposition. Die Fassaden sind mit Basreliefs dekoriert, welche ihre Inspiration aus der antiken Mythologie beziehen: Das Bild des Äneas seinen Vater, Anchises, aus den Flammen Trojas rettend und des Kampfes des Herkules gegen Antaeus an der Außenseite, Perseus mit dem Kopf der Medusa und Herkules im Kampf gegen den Nemëischen Löwen an der Innenseite.
2. DAS ZWEITE TOR DER FESTUNG
ist aus zwei quadratischen Seitenpfeilern gebildet, welche am oberen Ende mit Blumengirlanden und Blättern dekoriert sind und welche an der Backsteinmauer angebaut sind, welche den Erdwall vor dem Graben der Hauptfront durchquerte. Über ihnen befindet sich jeweils eine explodierende Kanonenkugel. Dieses Tor verfügt desgleichen über zwei Innenpfeiler, welche zwei Atlanten dekorieren, ein junger und ein alter, mit Vollbart. Beide sind unter der gestützten Last gebeugt, ihre Wiedergabe ist bedeutend, monumental, die Volumen sind überzeugend, ihre Umhänge bedecken nur ihre Oberschenkel und geben den Rest der starken Körper dem Blick der Passanten preis. Der obere Teil ist mit denselben Motiven wie jene der Seitenpfeiler dekoriert. Über den Innenpfeilern thronen zwei Löwen.
3. DAS DRITTE TOR DER FESTUNG.
Das monumentale Haupttor bildet das wichtigste bildhauerische Ensemble der Festung. Der prismatische Bau ist mit einem reichen figurativen, antropomorphen, zoomorphen und vegetalen Dekor versehen, welches sich aus Kampfszenen, Waffen, Fahnen, Trophäen, Wappen und Mascheronen zusammensetzt. Die flachen Basreliefs unterstreichen das Volumen der gespannten Körper der Atlanten. Die vier Haupttafeln geben an der Außenseite die Ernennung des Eugen von Savoyen als Befehlshaber der Armee und die Übergabe des Modells der Festung durch die Göttin Victoria an Eugen von Savoyen wieder. Der an der Außenseite wiedergegebene Angriff der christlichen Kavallerie und jener der kaiserlichen Infantrie auf die türkische Artillerie sind aus dem politisch-militärischen Ambiente der Zeit inspiriert, in welcher die Festung erbaut wurde. Gegen Osten krönt das Reiterstandbild des Kaisers Karl VI. das Tor in dessen Sockel die Zelle eingerichtet wurde, in welcher Horea, der Anführer des Aufstandes von 1784, damals eingesperrt wurde. Die Innenfassade schmücken symbolische Statuen der Fülle, der Weisheit, der Mäßigung und der Stärke.
4. DAS VIERTE TOR DER FESTUNG.
Befindet sich an der Westfront und verfügt nur an der Innenseite über ein Dekor. Die Inspiration ist dabei ebenfalls mythologischen und militärischen Ursprungs. Die Darstellungen umfassen Atlanten, Waffen, Trophäen, Fahnen, ein Bildnis der Zornes und andere Elemente, die auch im restlichen Dekor der Festung erscheinen.
5. DAS FÜNFTE TOR DER FESTUNG.
Das fünfte Tor, ein halbkreisförmiger Tunnel, welcher durch die Backsteinmauer der Festung getrieben wurde, ist nicht verziert und hat ein militärisches Erscheinungsbild. Es befindet sich in der Nähe des vierten Tores, mit welchem es anhand einer Holzbrücke und einer kurzen Fußgänger-Allee verbunden wird.
6. DAS SECHSTE TOR DER FESTUNG.
Das sechste Tor setzte sich aus zwei steinernen Seitenpfeilern zusammen, die an der Oberseite mit je einer explodierenden Kanonenkugel dekoriert sind. An die Pfeiler ist ein schmiedeeisernes Doppelgitter angebracht, welches den Zugang vom Westen her in die Festung ermöglicht. Die Verbindung zum fünften Tor erfolgt über einen spektakulären Gang, der ziemlich eng ist und zwischen den Backsteinmauern der Festung liegt. Infolge einer ziemlich langen Restaurierungszeitspanne wurde das gesamte Ensemble der Tore der Festung fertiggestellt. Den Besuchern steht nun ein interessanter Rundgang, „Die Tore der Festung", zur Verfügung, welcher die Festung von Osten (Tor I.) nach Westen (Tor VI.) durchquert.